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Von
einem Wochenende unter Rindern und Papageien und einem Kind, dem ich Deutsch
beibringen soll...
Neun Tage ist der letzte Eintrag schon wieder her... Wie die Zeit hier
echt vergeht! Und da ist auch wieder einiges passiert.
Letzte Woche Mittwoch hab ich zum Beispiel mit den Kindern im Sportunterricht
den Münchner Fitness Test mal durchgemacht. Von 18 Schülern haben drei gut,
vierzehn mit befriedigend und einer mit mangelhaft abgeschnitten. Das ist
eigentlich nicht schlecht. Befriedigend heißt in dem Fall einfach ganz
normaler Durchschnitt für das entsprechende Alter, wobei ich mir ziemlich
sicher bin, dass in manchen noch mehr steckt.
Das Wochenende waren Frieder und ich dann bei Günzels auf der Farm. Friedhelm
ist einer von deren drei Jungs, den ich in der Schule unterrichte. Am Freitag
waren wir aber erst einmal mit Friedhelms Papa, Kasper, unterwegs auf dessen
Pachtfarmen, wo er Rinder hält und Mais anbaut. Die Gegend dort ist recht
hügelig und ausnahmsweise mal nicht diese endlose Weite. Und es ist alles so
saftig grün im Moment! Auf Kaspers Tagesplan stand vor allem die Entlohnung
der Arbeiter, ihnen Rationen zu bringen und eben nach den Rindern und dem Mais
zu sehen ebenso wie an einer Pumpe Diesel aufzufüllen. Es war echt mal
interessant, den Tagesablauf eines Farmers mitzuerleben, zumal wir auch auf so
ziemlich jeder Farm von ihm waren und jede irgendwie anders ist. Am nächsten
Tag hat uns morgens Friedhelm rund um das Farmhaus geführt, uns stolz seinen
eigenen Mais gezeigt, aber auch die etlichen Papageien, die Steffi, seine
Mutter, dort hält und verkauft. Gemeinsam mit dem Rasensprenger waren die
auch schon um sieben Uhr aktiv und haben zumindest mich etwas unsanft aus den
Träumen gerissen. Technische Probleme mit Drucker und Fernseher galt es auch
noch zu lösen, wobei zumindest der Fernseher erfolgreich war. Am Nachmittag
waren die Koepps und die Dressels zu Besuch. Mit denen haben wir auf der
Ladefläche eines LandCruisers eine Tour über die ganze Farm gemacht, wobei
Friedhelm oder Henner, Friedhelms jüngerer Bruder gefahren sind. Volrat, der
ganz kleine Bruder, war zum Glück nur Beifahrer. Da war ich echt platt, als
ich gesehen hab, wie gut Friedhelm mit zehn und Henner mit acht schon fahren
können! Henner hat zwar noch Probleme mit dem Anfahren, da ist er immer etwas
zögerlich, aber ansonsten fährt er schon verdammt gut! Abends gab's dann
lekker Braai mit dem Schaf, dessen Zerteilung wir mittags beiwohnen durften.
Das hat echt tierisch gut geschmeckt, vor allem mit den Gewürzen! (Die Salate
waren natürlich auch super!) Und als dann Andrea Koepp zu später Stunde noch
festgestellt hatte, dass Baron Frieder Freiherr von Falkenhausen der Nachfahre
von Helene Falkenhausen ist, deren Mann Anfang des 20. Jahrhunderts im Kampf
gegen die Hereros gefallen war und deren Tagebuch veröffentlich worden war,
welches sie natürlich gelesen hatte, war das plötzlich Gesprächsthema
Nummer eins und Andrea war Feuer und Flamme. Frieder war das Buch natürlich
ein Begriff, aber er hatte sich vor der Abfahrt geweigert, dieses Buch in die
Hand zu nehmen, denn er wollte sich lieber sein eigenes Urteil über Namibia
bilden und nicht das Bild von vor hundert Jahren kennen lernen. Allerdings
scheint sich da in manchen Dingen seitdem gar nicht so viel verändert zu
haben... Am Sonntag haben wir mit Friedhelm und diesmal Kasper am Steuer noch
die Jagdfarm unsicher gemacht. Einige Tiere gab's auch zusehen und es war doch
irgendwie anders als in der Etosha-Pfanne. Vielleicht auch, weil die Tiere
immer weggerannt sind, wenn wir ankamen. Aber hier kommt man ja auch zum Jagen
und nicht nur zum Fotos schießen her. Mit den Resten vom Braai im Magen
ging's dann am Nachmittag wieder zurück nach Grootfontein, wo im Schülerheim
eine außerordentliche Sitzung zur Zukunft von Schule und Heim anstand. In der
Zeit hab ich mit den Kindern, die doch gekommen waren, Stuart Little geschaut
und mich anschließend am Büffet vollgeschlagen. Aber es war auch so verdammt
lecker alles!
Seit heute habe ich nun auch ein Problem mehr, denn ich habe mir von Otavi
einen siebenjährigen Jungen aufschwatzen lassen, dem ich jetzt zweimal die
Woche jeweils 45 Minuten Deutschunterricht erteile, und zwar als Fremdsprache.
Material hab ich keines. Nur ein paar von diesen Bilder-Wörter-Büchern für
kleine Kinder stehen in der Bibliothek herum. Vom didaktischen Aufbau hab ich
ehrlich gesagt nicht so die große Ahnung, vor allem in dem Alter. Was hier in
Grootfontein vielleicht negativ aufstoßen könnte, wäre die Tatsache, dass
das Kind dann in Otavi und nicht bei uns auf die Schule gehen soll, wenn es
Deutsch einigermaßen kann. Auf der anderen Seite wollten sie ursprünglich ja
bei uns auf die Schule, wurden aber nicht aufgenommen, weil der Junge ja kein
Deutsch kann. Wie schnell er das jetzt lernt, weiß ich auch nicht. Aber
Deutsch ist schwer und das wird nicht von jetzt auf gleich gehen. Wie die sich
das in Otavi vorgestellt haben, weiß ich auch nicht so recht. Ich möchte dem
Kind und der Mutter vor allem eigentlich deshalb helfen, weil sie wirklich
Deutsch lernen wollen und ich finde, dass man so jemandem nicht die Tür vor
der Nase zuknallen sollte, da gerade Deutsch im namibischen Schulsystem eine
immer untergeordnetere Rolle zu spielen scheint. Morgen ist meine erste
Stunde, ich habe keinen Plan und bin mal sehr gespannt... Und vielleicht ist
das Kind eines Tages sogar so weit, dass es auch hier in Grootfontein auf die
DPG gehen kann...
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